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Nahost-Konflikt: Fragen, welche nicht gestellt werden, um die Gründe für die gegenseitige Gewalt zu verstehen

Gewalt gegenüber Zivilisten geht gar nicht. Das gilt für die brutale Hamas-Aktion ebenso wie für Israel, was derzeit massiv unschuldige Zivilisten in Gaza abschlachtet, und mit einer Totalblockade jegliche Lieferungen von Medikamenten und humanitäre Hilfe verweigert.

Natürlich haben Sie alle den Angriff der Hamas gegen Israel mitbekommen. Es wurden dabei auch Zivilisten ermordet und verschleppt. Das ist auf jeden Fall zu verurteilen, und man kann nur hoffen, dass die Geiseln der Hamas unversehrt zurückkommen. Aber um zu verstehen, warum der Angriff gerade jetzt kam, und all die möglichen Hintergründe, muss man einfach auch diverse Fragen stellen, und auch an Israel Kritik üben können, ohne gleich als Antisemit diffamiert zu werden. Vor allem Deutschland und die EU dürfen Israel keinen Freibrief für Gewalt ausstellen. Ja, Nazideutschland hat 6 Mio. Juden ermordet. Man soll die Geschichte auch nicht vergessen, aber die heutigen Generationen haben keine Schuld auf sich geladen, und Israel selbst verhält sich, wie ich noch aufzeigen werde, gegenüber den Palästinensern ebenfalls tlw. faschistisch und diskriminiernd. Daher bedarf es einer objektiven Analyse der Situation im nahen Osten, und man muss eben diverse Fragen stellen dürfen.

  • Warum konnte die Hamas überhaupt so ungehindert die hochgesicherte israelische Grenze und das Militär überwinden.
  • Warum kam der Angriff gerade jetzt, und wer profitiert davon in der aktuellen Situation (Cui Bono)
  • Wusste man vorher von diesem Angriff, und wenn ja, warum wurde er nicht verhindert

Das sind legitime Fragen, welche man, mit Ausnahme der ersten, in den Mainstream-Medien so nicht hört. Auch die kritische Auseinandersetzung mit dem Konflikt an sich war in den letzten Jahren immer eher einseitig pro Israel. Denn, auch wenn der Angriff der Hamas auf Zivilisten absolut zu verurteilen ist, so gab es aber andererseits auch immer wieder unmotivierte Angriffe Israels auf Gaza mit toten Zivilisten, was bei uns in den Medien aber immer quasi als Randnotiz berichtet wurde.

Bevor ich nun auf die oben gestellten Fragen eingehe, ein ganz kurzer Abriss zur Geschichte der Entstehung Israels. Der Staat selbst besteht seit 1948. Die Besiedelung von vertriebenen Juden begann bereits Anfang des 19. Jahrhunderts. Damals wurde, 2016, mit dem Sykes Picot Abkommen zwischen Frankreich und England das Gebiet Palästina aufgeteilt. Staaten wie Irak, Jordanien und Syrien erhielten ihre Grenzen, welche von den Engländern tlw. willkürlich gezogen wurden, weshalb man bei diesen Ländern heute, für Staaten ungewöhnliche, gerade Linien an deren Grenzen erkennen kann.

Nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges stand das Gebiet unter dem Protektorat der Engländer, und es siedelten sich immer mehr Juden in dem Gebiet an. Man versuchte zwar, ein gewisses Gleichgewicht zwischen den dort ansässigen Palästinensern und der jüdischen Bevölkerung zu schaffen. Vor allem aber war die zionistische Bewegung, eine sehr konservative und tlw. radikale jüdische Bewegung, von Beginn an an einem unabhängigen Staat Israel interessiert, und waren bereit dieses Ziel rücksichtslos zu verfolgen. Da gab es dann immer wieder Spannungen mit der ansässigen Bevlkölkerung Palästinas.

Nach dem Krieg übergaben die Briten die Kontrolle dann an die UN, welche dann auch die Anerkennung Israels als Staat 1948 vorantrieb. In den folgenden Jahrzehnten war es Israel, welches mit einer sehr aggressiven Siedlungspolitik, welche durchaus auch manch wesltiche Länder (mit Ausnahme Deutschlands) kritisierten, immer mehr Gebiete, auch illegal, annektiert haben. So entstand dann auch die PLO, die palästiensische Befreiungsorganisation, und auch die Hamas, welche nur teilweise eine palästinenische Organisation ist. Die meisten Menschen im Gazastreifen leben ihr karges Leben. Manche Palästinenser dürfen in Israel arbeiten, werden aber arbeitsrechtlich benachteiligt.

Es gab immer wieder Bestrebungen, dass eine Zweistaatenlösung wünschenswert wäre, mit einem Staat Israel und einem Staat Palästina. Jerusalem, wäre dann in den Ostteil (islamisch) und den Westteil (jüdisch) geteilt. Aber das wurde in Israel immer wieder verhindert, aber auch manche radikale Palästinenser wollen Israel als Staat nicht anerkennen. Das ist das Dilemma des Nahost-Konfliktes in einfachen kurzen Worten.

Hier noch eine Übersicht, wo man gut die Entwicklung der Besiedelung Palästinas durch die Juden im Laufe der Jahrzehnte verfolgen kann. Es ist in der Tat so, dass mittlerweile nur noch ein kleiner Teil den Palästinensern geblieben ist. Donald Trump hatte einen Plan, siehe Abbildung, wo er für eine Zwiestaatenlösung plädierte, und eine Gebietsaufteilung vorschlug. Aber auch das war offenbar mit Israels Hardlinern und den radikalen Elementen der Palästinenser nicht möglich.

Nach diesem kurzen historischen Abriss, kommen wir nun zu den oben gestellten Fragen, was den aktuellen Krieg zwischen Israel und der Hamas betrifft.

Frage:
Warum konnte die Hamas überhaupt so ungehindert die hochgesicherte israelische Grenze und das Militär überwinden.

Dazu muss man wissen dass Israels Militär und auch der Auslandsgeheimdienst Mossad zu den am meisten hochgerüsteten Organisationen weltweit gehören. Die Grenze zu Gaza ist hochgesichert, und immer wieder betonten die Israelis, dass sie jede Maus entdecken, welche die Grenze passiert. Daher stellten sogar die Mainstream-Medien völlig richtig diese Frage. Aber es blieb nur bei der Antwort, dass Israel da geschlafen haben muss, oder durch die Spaltung im Land abgelenkt war. Warum Israel derzeit vor dem Angriff sehr gespalten war, dazu komme ich gleich.

Aber man muss angesichts der Tatsache, dass gefangen genommene Hamas-Kämpfer berichteten, dass sie mit ihren Baggern und Jeeps, zu ihrer eigenen Überraschung, unbehelligt über die Grenze und dann stundenlang im Gebiet herumfahren konnten, auch andere Szenarien in Betracht ziehen.

Da kam bei einigen Analysten die Idee des LIHOP (Let it happen on purpose – Lass es einfach geschehen) auf. Das würde bedeuten, dass Israel vor dem Angriff Informationen hatte, bzw. während des Angriff einfach etwas weniger energisch dagegen gehalten hat, und somit auch Tote in der eigenen Bevölkerung in Kauf genommen hätte. In der Geschichte hat es bereits einige Fälle gegeben, wo Regierungen bei Anschlägen Verluste in der eigenen Bevölkerung in Kauf nahmen, um danach härtere Maßnahmen oder längst geplante Vergeltungsschläge bei den Menschen salonfähig zu machen. An dieser Stelle zeige ich anhand eines gut dokumentierten Beispiels auf, dass die USA das bereits vor 60 Jahren planten, aber darüber steht bei uns nichts in den Geschichtsbüchern.

Bereits Anfang der 1960er Jahre wollten die USA immer wieder Fidel Castro, den Staatschef von Kuba, loswerden. Da wurde von der CIA und deren Chef Allen Dulles die Operation „Northwood“ ersonnen. Das ist mittlerweile eindeutig belegt. Man wollte in Florida mit Exilkubanern Anschläge auf die US-Zivilbevölkerung verüben, und das Kuba in die Schuhe schieben. Man hätte also Tote in der eigenen Bevölkerung in Kauf genommen, nur um das Ziel des Vergeltungsschlages gegen Kuba zu erreichen und dem eigenen Volk als notwendig zu verkaufen. Einzig Präsident Kennedy hat man es mit seinem Veto zu verdanken, dass dieser Plan, sehr zum Ärger von CIA und Allen Dulles (er wurde danach gefeuert), nicht durchgeführt wurde.

Warum also sollte Israel so etwas in Kauf nehmen. Nun, dann hätte man, was jetzt ja diskutiert wird, die Möglichkeit massiv gegen den Gazastreifen und sogar Zivilisten, was derzeit ebenfalls passiert, vorzugehen. Zumal würde man damit die Spaltung und Proteste gegen das Regime Netanyahu überdecken, und das Land evtl. geeint hinter Israels Machthaber stellen.

Die geplante Justizreform von Benjamin Netanyahu hat das Land gespalten

Netanyahu hatte in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit Vorwürfen der Korruption. Einfach gesagt, hätte die neue Justizreform Netanyahu und der Regierung auf jeden Fall mehr Rechte gegeben, da sich die Regierung über die Justiz, selbst bei Verletzung der Grundrechte, hinwegsetzen hätte können. Dagegen gab es natürlich massive Proteste in der Bevölkerung, und hat seit Jänner 2023 zu zahlreichen Auschreitungen und Protesten gegen Netanyahu geführt. So gesehen kommt ihm dieser Angriff gerade Recht, da das Land nun unter Schockstarre steht, und er nun als der „harte und gerechte“ Führer dasteht.

Das ist natürlich nur Spekulation, aber angesichts der Vergangenheit Israels, mit dem immer weiter geführten illegalen Siedlungsbau im Palästinensergebiet und auch den tlw. durchaus faschistischen Sanktionen und Repressalien gegen die Palästinenser wäre das ein durchaus denkbares Szenario.

Frage:
Warum kam der Angriff gerade jetzt, und wer profitiert davon in der aktuellen Situation (Cui Bono)

Im Prinzip spielt hier auch die Frage zuvor eine Rolle. Denn man könnte ja argumentieren, dass die Hamas so clever hätte sein müssen, dass sie sich bewusst sein muss, dass so ein brutaler Angriff die Probleme innerhalb Israles für die Regierung ein Vorteil wäre, da das Land nun geschlossen hinter Netanyahu steht, und die Justizreform derzeit keine Rolle spielt. Aber auch hier muss man ein wenig verstehen, wie sich die Lage vor Ort gestaltet.

Der israelische Geheimdienst Mossad hat die Palästinenserorganisationen mit Sicherheit infiltriert. So wäre es durchaus ein Leichtes den radikalen Hamas-Kämpfern Informationen durchzsutechen, wonach Israel gerade jetzt sehr geschwächt ist, und man da einen Angriff platzieren kann. Auch das setzt natürlich voraus, dass Israel hier Tote in der eigenen Bevölkerung in Kauf genommen hätte. Stichwort LIHOP.

Aber die Hamas hätte auch von selbst auf die Idee kommen können, dass Israel durch die aktuelle innerpolitische Schwächung angreifbar wäre. Aber das erklärt natürlich immer noch nicht, weshalb es die Hamas, zur eigenen Überraschung, realtiv leicht hatte in das Gebiet einzudringen. Dazu hier eine Karte, welche schön zeigt, wie weit (rote Strichellinie) die Hamas nach Israel vordringen konnte.

Ironischer weise muss man heir erwähnen, dass die Ukraine in ihrer Gegenoffensive mit all den westlichen Waffen lediglich ein kleines Gebiet (entspricht verlgeichsweise etwa dem blau markierten Bereich im Bild) rückerobern konnte, und auch nur, weil sich die Russen dort zurückzogen.

Dagegen hat es die Hamas mit ihren Jeeps und Baggern, also vergleichsweise einfacheren Waffengattungen gegenüber den hochgerüsteten Israelis, geschafft, weit in das Landesinnere vorzudringen. Das wirft natürlich Fragen auf. Damit komme ich zur letzten der oben gestellten Fragen.

Frage:
Wusste man vorher von diesem Angriff, und wenn ja, warum wurde er nicht verhindert

Das ist natürlich die sogenannte Gretchenfrage. Denn es ist offensichtlich, dass sich der israelische Geheimdienst und die Armee auf jeden Fall blamiert hat, und daher wohl jetzt ebenso brutal und völkerrechtswidrig auf zivile Ziele in Gaza schießt. Denn es gibt Hinweise aus Ägypten, dass der Mossad und sogar die USA Informationen hatten, was aber nicht eindeutig belegt ist. Doch wenn das der Fall gewesen ist, dann hätte Israel die vielen Toten Zivilisten in Kauf genommen, um einen Vorwand für einen militärischen Gegenschlag, oder sogar Invasion in Gaza zu kreieren.

Hatte Israel aber keine Informationen, was natürlich das aktuelle offizielle Narrativ in Israel ist, dann müssen sich Geheimdienst und Militär eben die Frage gefallen lassen, dass hier offenbar massiv geschlampt wurde, was ebenfalls nicht gerade ein Ruhmesblatt für Israel wäre.

Man wird sehen, wie sich dieser Konflikt entwickelt, aber es bleibt die Hoffnung, dass sich doch die Kräfte durchsetzen, welche nach all den Jahrzehnten des Konlfikts endlich zu einer friedlichen Lösung kommen. Das ist noch eines der wenigen Gebiete, wo die USA noch großen Einfluss haben. In den USA ist nächstes Jahr Präsidentschaftswahl und Joe Biden wird angesichts seines Gesundheitszustandes, sofern er die Wahl überhaupt erlebt, wohl keine Chance haben. Einerseits hätte Donald Trump gute Chancen, aber auch Robert F. Kennedy hat jetzt seine unabhängige Kandidatur bekanntgegeben, und wäre sogar mein Favorit. Was den Nahostkonflikt anbelangt, so wären wohl beide Verfechter einer Zweistaatenlösung, was Hoffnung für Frieden bedeuten würde.

Denn denn derzeit greit Israel massiv den Gazastriefen mit modernsten Waffen an, und zerstört Krankenhäuser und tötet Zivilisten. Auch das darf kein Mittel sein, auf das Unrecht des Hamas-Angriffes zu reagieren.

Man darf gespannt sein.

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